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Foto: Nicole Brevoord
Foto: Nicole Brevoord

Eine Festung namens EZB

Der Solitär im Ostend

In zwei Wochen kann der Umzug der EZB-Mitarbeiter beginnen, die Bauarbeiten an der Sonnemannstraße liegen in den letzten Zügen. Doch irgendwie erinnert das neue Gebäude der Europäischen Zentralbank noch an eine Festung.
Bedrohlich sieht der hohe Drahtzaun mit Stacheldrahtsaum aus. Fast fragt man sich, ob die Mitarbeiter des Grundstücks von der Flucht abgehalten werden sollen. Aber natürlich handelt es sich beim neuen Hauptsitz der Europäischen Zentralbank um einen Hochsicherheitsbereich, es soll nicht jeder hineinkommen, erst recht keine Unbefugten. Demnächst soll der stachelige Bauzaun aber einem unauffälligerem Modell weichen. Künftig wird man sich an einem vorgelagerten kleinen Gebäude anmelden müssen. Wer in die Türme will, braucht eine Berechtigung und wird durch eine "Vereinzelungsanlage", man könnte es auch ein Drehkreuz nennen, geschickt. Ein Logistikzentrum am Rande der EZB soll gewährleisten, dass angelieferte Waren auf ihre Sicherheit hin überprüft werden können, bevor die Zufahrt in den Keller gestattet ist. Ein Graben sowie eine Anfahrsperre sollen zudem dafür sorgen, dass keine Autos unerlaubt auf das Gelände fahren.

Einweihung wird 2015 sein
Rund fünf Jahre wurde an dem Gemisch aus denkmalgeschützter ehemaliger Großmarkthalle, dem Querriegel und den beiden ineinander verdrehten Glastürmen, die durch mehre Atrien mit einander verbunden sind, gebaut. Das Ensemble bietet Raum für 2900 Arbeitsplätze. In zwei Wochen soll mit dem großen Umzug vom Eurotower und anderen Standorten begonnen werden. „Ende des Jahres soll der Umzug abgeschlossen sein“, sagt Thomas Rinderspacher, Projektmanager des EZB-Neubaus, der mit Frank Stepper vom Architektenbüro Coop Himmelb(l)au die Baufortschritte erläutert. Mit der offiziellen Einweihung der neuen EZB sei erst 2015 zu rechnen.

Mit einem Investitionsvolumen von 1,2 Milliarden Euro rechne die EZB, sagt Rinderspacher, wobei man für das Grundstück, die Planung und die Bauarbeiten bereits eine Milliarde ausgegeben habe. All das seien erst Schätzungen, de facto Zahlen lägen erst Ende 2015 vor. Bis dahin werden die rund 700 geplanten Bäume längst eingepflanzt und das Areal rings um die EZB wird von einem Landschaftsgärtner in eine Flussaue gestaltet worden sein. Noch aber herrscht draußen Baustellenatmosphäre, während innen der der Terazzoboden noch verstaubt ist, der wild blau-grau gemusterte Teppich mit Sperrholzplatten vor Verschmutzung geschützt wird. Über dem Eingang ragt das Ende des gläsernen Gebäuderiegels heraus. Darin befinden sich auf zwei Etagen Konferenzräume, auch die im Fernsehen übertragenen Pressekonferenzen werden von hier aus abgehalten. Während die Fassade der Großmarkthalle restauriert und gereinigt wurde, erstrahlt sie von innen weiß. Die rechteckige Form der riesigen Halle fühlt man im Foyer nicht. Hier herrschen Diagonalen vor, sind futuristisch Räume eingefügt worden, wo vorher Freifläche war und ab und an da spürt man, wie gigantisch hoch die Decke ist. „Wir schaffen neue Räume, wo man die alte Großmarkthalle erleben kann“, sagt Stepper. Überhaupt habe die Vorgabe, den denkmalgeschützten Trakt zu erhalten eine Herausforderung dargestellt, zumal das historische Gebäude ein Versuchsbau des modernen Stahlbetons gewesen sei. Die Realität habe nicht immer den alten Plänen entsprochen.

Einblick in die EZB
Während wir eine große Treppe bewundern, an der links und rechts künftig ein Wasserfall plätschern soll, beeindruckt Rinderspacher mit Zahlen. Gleichzeitig hätten zu Hoch-Zeiten 1400 Bauarbeiter an der EZB gewerkelt, dazu 300 Ingenieure und 100 Bau- und Projektleiter. Rinderspacher Projektbüro arbeitet schon längt in einem der Glastürme. Außen Glasfenster, innen Glasscheiben zum Flur hin, alles ist lichtdurchflutet und eben auch transparent. Helle Möbel laden in der von Sodexo betriebenen zweigeschossigen Kantine Origo zum Verweilen ein und das Glanzstück der Mittagspause wird wohl die Terrasse sein, von der man den Blick auf den Main genießen kann. 500 Sitzplätze bietet die Kantine. „Da müssen sich die Mitarbeiter eben abwechseln“, sagt Rinderspacher.

Testläufe beunruhigten die Nachbarschaft
Weiter geht es hinauf in die Glastürme, die in der dritten, 15., 27. und 38. Etage durch Plattformen samt beeindruckender Atrien verbunden werden. „Wir haben bei der Gestaltung an eine Vertikale Stadt gedacht“, erläutert Stepper. Die Verbindungsatrien seien für die Entrauchung gedacht. Kürzlich erst habe man einen Livebrandtest gemacht mit Heißrauch. „70 Anfrufe gab es daraufhin bei der Feuerwehr von besorgten Bürgern, die dachten, die EZB brennt“, sagt Rinderspacher. Für Aufsehen hatte auch gesorgt, dass selbst nachts das Licht in dem großen Gebäude brenne. Auch das habe mit einem Strombelastungstest zu tun, der im bezogenen Zustand nicht mehr durchgeführt werden könne.

„Ich bin stolz und es macht Freude, wenn ich hier durchgehe, nach all den Mühen die wir durchgemacht haben“, sagt Rinderspacher und steigt in einen der gläsernen Expressaufzüge, der in einer Sekunde sechs Meter zurücklegt. Frankfurt rast förmlich an uns vorbei. Und von Frankfurt werden wir im 41. Stock, der höchsten benutzbaren Etage – die Fläche darüber wird für Technik genutzt - gleich noch mehr sehen. Im „general Council“-Saal sind 40 beigefarbenen Lederstühle smat Tischen mit Lederarbeitsplatte im Kreis angeordnet. „Mario Draghi sitzt mit Blick zur Tür“, sagt Rinderspacher. Wie schade, dann sieht er ja gar nicht die Skyline, die sich vor dem Panoramafenster förmlich auszurollen scheint. Dafür genießen die Mitarbeiter den Ausblick oder ihr Blick bleibt an der kuriosen Deckenkonstruktion hängen. Grau-silber schimmernde geschwungene Lamellen sollen, wie Frank Stepper erklärt, ein abstraktes Bild Europas darstellen. „Unsere Absicht war immer, dass man sich fragt, was ist das?“ Nein auch wenn das Kunstwerk auf einen nachfragenden Journalisten wie graue Wolken wirke, es handele sich wirklich um Europa. Na dann hat die Europäische Zentralbank ja das Wesentliche im Blick.
 
22. Oktober 2014, 10.29 Uhr
Nicole Brevoord
 
Nicole Brevoord
Jahrgang 1974, Publizistin, seit 2005 beim JOURNAL FRANKFURT als Redakteurin u.a. für Politik, Stadtentwicklung, Flughafen, Kultur, Leute und Shopping zuständig – Mehr von Nicole Brevoord >>
 
 
Fotogalerie: EZB
 
 
 
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